Fellfarbe und Genorte
Für die Färbung von Haut und Haaren sind eingelagerte Pigmente verantwortlich, die in den Pigmentzellen – Melanozyten – gebildet werden. Diese wandern während der Embryonalentwicklung aus der Neuralleiste in die Haut und sitzen unter anderem in der obersten Hautschicht, der Epidermis, und in den Haarfolikeln. Unter Mitwirkung des Enzyms „Tyrosinase“ wird in den Melanozyten aus der Aminosäure „Tyrosin“ der Farbstoff Melanin gebildet, der über Dendriten an benachbarte Zellen und die Haare weiter gegeben wird. Melanine bestehen aus einzelnen Körnchen oder Granula. Diese können unterschiedliche Größe und Form haben. Sie bestimmen die Haar- und Hautfarbe:
Eumelanin liegt in der Grundform nahezu kugelförmig vor und besteht aus größeren Granula. Auf Grund seiner Struktur absorbiert es nahezu alles Licht – es dringen keine Spektralanteile nach außen. Das Haar erscheint dunkelbraun bis schwarz.
Phäomelanin liegt in der Grundform als kleinere längliche Form vor, wodurch Licht im Spektrum Gelb-Orange-Rot reflektiert wird.
Gene an verschiedenen Genorten beeinflussen die Entwicklung der Farbe. Hier ist zu unterscheiden zwischen genotypischen und phänotypischen Farben. Genotypisch können versteckte Farb-Allele in einem Tier vorhanden sein, die phänotypisch nicht ausgebildet oder von anderen überdeckt, aber weitervererbt werden können. Bei einigen Tieren ist die endgültige Färbung von Geburt an vorhanden, andere erreichen ihre endgültige Ausprägung erst im Erwachsenenalter.
E-Lokus
Der E-Lokus steht in der Hierarchie der Gene, die die Fellfarbe prägen, ganz oben. Auf diesem Lokus befindet sich das sogenannte Melanocortin-Rezeptor-1-Gen (MC1R). Es kann drei Allele ausbilden, E (Schwarz), Em und e (Gelb/Rot).
Liegt das rezessive Allel e homozygot (reinerbig) als ee vor, so wird die Eumelanin-Produktion im Haar unterdrückt. Es kann keine schwarze Farbe im Haar gebildet werden. Die Fellfarbe entsteht lediglich durch das Phäomelanin. Die Haut (Schleimhaut und Nasenspiegel) hingegen kann Eumelanin bilden, wie z. B. beim Golden Retriever oder Irish Setter.
Je nachdem, welches Gen die gelbe Fellfarbe bestimmt, spricht man von rezessivem Gelb ee oder von dominantem Gelb Ay (zu dominantem Gelb siehe auch A-Lokus und Agouti-Y).
E lässt die Eumelanin-Produktion und damit die Bildung schwarzer Pigmente zu. Da E und Em gegenüber e dominant sind, genügt ein E-Allel, um die Ausprägung von Schwarz zuzulassen. Schwarze und braune Hunde ({tablink=B-Lokus}siehe auch B-Lokus{/tablink}) können genotypisch also homozygot EE oder auch heterozygot Ee sein. E kann auch als Em vorliegen ({tablink=E-Maske}siehe auch E-Maske{/tablink}). E und Em lassen die Ausprägung der Gene am A-Lokus zu.
E-Maske
Das Allel Em (Maskenallel) auf dem E-Lokus ist eine Sonderform des E. Beide sind dominant gegenüber e. Das Allel Em ist für die dunkle Maskenbildung verantwortlich um den Fang herum bis zu den Augen, daher auch der Name Schwarzmaskenallel. Je nach Genausstattung auf den übrigen Genen kann die Maske die Farben Schwarz, Blau mit dd auf dem D-Lokus oder auch leberfarben mit bb auf dem B-Lokus haben.
Auch schwarze Hunde können das Maskenallel Em besitzen, nur ist die Maske dann nicht sichtbar. Die übrige Fellfärbung wird von den Allelen des A-Lokus gesteuert.
K-Lokus
Der K-Lokus ist die jüngste Entdeckung im Bereich der Fellfarben. Er spielt eine entscheidende Rolle bei der Vererbung der Fellfarbe. An diesem Genort befinden sich drei Allele KB, kbr und ky.
Das Allel KB führt zu einem einfarbig schwarzen oder braunen Fell (Die Farbe wird am B-Lokus bestimmt). Da aber der E-Lokus über den Genen des K-Lokus steht, ist ein Hund mit der Genkombination eeKB gelb und nicht schwarz, kann das Allel KB jedoch versteckt tragen.
Eine gestromte (brindle) Färbung entsteht durch kbr und das Allel ky lässt die Wirkung der Gene auf dem A-Lokus zu. KB ist dominant gegenüber kbr und ky und unterdrückt damit die Ausprägung der Farbgene auf dem A-Lokus. Die Nachkommen von zwei heterozygoten schwarzen Tieren mit der Kombination KBkbr/y könnten mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:3 die Merkmale am A-Lokus ausprägen. Diese sind also nicht unbedingt schwarz.
Es gibt Hunderassen, wie z.B. der Labrador, bei denen nur einfarbige Tiere vorkommen. Diese haben am K-Lokus immer KB. Die Allelkombination am E- und am B-Lokus entscheiden dann welche Farbe diese Hunde letztendlich ausprägen.
Rassen, bei denen sowoh das Allell kbr als auch ky vorkommen, können heterozygot je nach Ausstattung auf dem A-Lokus alle möglichen Farben und Abzeichen ausprägen. Deutscher und Belgischer Schäferhund (Groenendael) haben am A-Lokus ein rezessives Schwarz a. Am K-Lokus tragen diese Hunde ein kbr oder ein ky.
Auch schwarze Hunde können gestromt sein (man sieht es nur nicht). Diese haben dann eine Allelkombination kbrkbr aa .
B-Lokus
Für die schwarze, bzw. braune Fellfarbe ist der Genort B-Lokus relevant. Das Allel für die schwarze Farbe ist B , das für die braune Farbe b .
Da das Allel B gegenüber b dominant ist, ist ein Hund mit der Genkombination Bb oder BB , schwarz. Ein brauner Hund ist genotypisch bb .
Für Züchter ist es von Vorteil zu wissen, ob ihr schwarzer Hund die schwarze Farbe in jedem Fall weiter vererbt oder auch Gene für die braune Farbe besitzt. Nachkommen von reinerbigen Eltern sind immer schwarz (BB und bb ergeben immer Bb).
Kreuzt man aber zwei mischerbige Hunde miteinander, so spalten sich die Nachkommen in einem charakteristischen Zahlenverhältnis auf (Bb und Bb ergeben: BB reinerbig, Bb mischerbig, Bb mischerbig und bb reinerbig, d.h. statistisch gesehen kommen auf 3 schwarze Welpen 1 brauner. Zwei braune Hunde können keine schwarzen Welpen zeugen.
Das „Tyrosinase Related Protein 1“ (TYRP 1), das für die braune Färbung verantwortlich ist, verändert die Eumelanin-Struktur. Es wirkt nicht nur auf die Haare, sondern auch auf die Pigmente der Haut und der Augen. Die Augen sind heller, der Nasenschwamm ist braun. Dabei kann die Farbe Braun in ihrer Intensität stark variieren, im Gegensatz zu Schwarz. Hat ein Hund braunes Fell und eine schwarze Nase, so wurde dessen Farbe nicht durch das Braun-Gen hervorgerufen. Wie intensiv die Färbung ist, wird allerdings auch durch das Dilute-Gen bestimmt (siehe D-Lokus).
A-Lokus
Die Haut- und Haarzellen erhalten das Signal zur Bildung von Eumelanin oder Phäomelanin vom A-Lokus. Dieses Signal kann sowohl räumlich als auch zeitlich begrenzt sein. Ist das Signal zeitlich begrenzt, führt dies zu einer Bänderung der Einzelhaare, ist es räumlich und nicht zeitlich begrenzt, so wird lokal nur Phäomelanin gebildet und es entstehen Marken. Das Agouti-Gen ist also verantwortlich für die vielen verschiedenen Farbmuster, die je nach Rasse mehr oder weniger variieren können.
Die vier wichtigsten Allele des Agouti-Gens bilden hierarchisch die Grundlage für diese Farben:
Ay | ➔ Fawn und Sable | |
aw | –– | ➔ Wildtyp |
at | ➔ Black&Tan / Tricolor | |
a |
➔ rezessives Schwarz |
Für dominantes Gelb ist das Ay-Allel zuständig (y steht für yellow). Durch dieses Gen wird die Produktion von Eumelanin unterdrückt. Es wird nur Phäomelanin gebildet ({tablink=Agouti-Y}siehe auch Agouti-Y{/tablink}). Wildfarben entstehen durch das aw-Allel, das zeitlich begrenzte Farbsignale sendet. Das Einzelhaar ist hier gebändert (meliert). Das Fell erscheint, je nach Farbintensität des Phäomelanins, grau bis rotgrau. Für eine räumliche Abgrenzung steht das at-Allel. Es ist verantwortlich für hellere Marken im Wangen-, Schnauzen und Kehlbereich wie über den Augen und an den Läufen. Diese Marken können klar voneinander abgegrenzt sein oder ineinander übergehen. Ganz am Ende der Agouti-Serie steht das rezessive Schwarz a, das je nach Allelkombination auf dem B-Lokus tatsächlich Schwarz oder Braun sein kann.
Vorraussetzung für die Ausprägung der Farben auf dem A-Lokus sind mindestens ein E- oder Em-Allel am E-Lokus und kein dominantes Schwarz (K ) am K-Lokus – also nur die E/K-Kombinationen EEkk oder Eekk.
Hunde mit den hier vorgestellten Farben werden in der Regel mit anderen Farben geboren, erst im Laufe der Jugendzeit entwickeln sie ihre eigentliche Färbung.
Agouti-Y
Für „dominantes Gelb“ steht das Allel Ay (y=yellow). Durch dieses Gen wird die Eumelaninproduktion unterdrückt. Es kann nur Phäomelanin gebildet werden. Lediglich die Haarspitzen können schwarzes Pigment enthalten (wie beispielsweise beim Belgischen Schäferhund oder Tervuren als „rußiger“ Anflug) im Gegensatz zum rezessiven Gelb ee, bei dem gar kein schwarzes Pigment in den Haaren eingelagert werden kann.
Ob das Allel Ay am A-Lokus seine Wirkung entfalten kann, hängt von den Allelkombinationen am E-Lokus und am K-Lokus ab. Allel e am E-Lokus steht über den Genen des A-Lokus. Die Allelkombination ee am E-Lokus würde daher die Farbe des Agouti-Allels Ay überdecken, da ee gar keine Eumelaninproduktion im Haar zulässt. Auch das dominante Schwarz der K-Serie verhindert eine Ausprägung.
D-Lokus
Am Dilute- oder Verdünnungsgen können zwei Allele vorkommen, D und d . Diese haben Auswirkungen auf die Farbdichte. Unter dem D-Allel (Wildtyp) sind die Farbkörnchen gleichmäßig in der Zelle verteilt – die volle Farbe kommt zur Geltung. Hunde bei denen die Pigmentbildung und -einlagerung in den Melanozyten normal funktioniert, haben auf dem D-Lokus mindestens ein D, da das D-Allel dominant gegenüber d ist.
Nur die homozygot rezessive Allelkombination dd führt zur Aufhellung der Farben. Unter dem Einfluss des defekten Gens kommt es sowohl zur Verdünnung von Eumelanin (Schwarz/Braun) als auch von Phäomelanin (Rot/Gelb). Schwarze Hunde des Genotyps BBdd oder Bbdd werden je nach Rasse als Blau, Grau, Rauchfarben, Schieferfarben, Bleigrau, Silbergrau, Taubenblau und Anthrazit bezeichnet. Hunde mit aufgehelltem Braun (bbdd) werden als Isabell, Sandfarben, Beige, Lilac, Mausgrau, Rehgrau oder Milchkaffeefarben bezeichnet und gelbe Hunde (eedd) als Falb, Beige, Isabell oder Sandfarben.
Nicht nur die Farbe des Fells ist aufgehellt, auch die Haut zeigt diese Mutation durch Farbveränderung: der Nasenspiegel ist nicht schwarz oder leberfarben, sondern schiefergrau oder fleischfarben. Die Augen sind heller bis hin zu gelblicher Farbe.
Bei manchen Rassen ist der Blaufaktor sehr beliebt, bei anderen eher unerwünscht, weil er zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Die Farbmutantenalopezie (CMA), auch Black Hair Follicle Dystrophia (BHFD) genannt, tritt meist im Laufe des ersten Lebensjahres auf. Blaufaktorierte Hunde leiden dann unter zunehmendem Haarausfall, der nur die farbigen Hautpartien betrifft. Weiße Bereiche bleiben behaart. Hinzu kommen Irritationen der Haut, die sich stark entzünden können.
Bei einigen Rassen kommt es bei einer Mutation am D-Lokus häufig zum Ausbruch von CMA, wie z.B. beim Dobermann. Die Zucht von blauen Dobermännern ist deshalb verboten.